Gottes Zusage zum Weihnachtsfest
Die Weihnachtsgeschichte ist, seit sie geschehen ist, immer wieder zur Vorlage geworden für das, was die Menschen durchleben und durchleiden. Zwei Menschen aus zumindest kritisch beäugtem sozialem Milieu, einander fürs Leben versprochen und noch vor der Hochzeit mit einem riesigen Makel behaftet: der Unkeuschheit, um nicht zu sagen des Ehebruchs, bezichtigt die junge Frau, selbst noch ein Kind; und als Schwächling angesehen der Mann, der von Selbstzweifeln geplagt, sich fragt, ob es nicht besser wäre, sich aus dem Staube zu machen.
Zwei Menschen, von einem kaiserlichen Edikt durch das Land gejagt, weil Steuerlisten zum neuen Überwachungsinstrument missbraucht werden. Und mitten auf dem Weg die Niederkunft der jungen Frau, ohne Herberge, ohne Beistand, ohne Hilfe. Und als sei das nicht genug, trachten die Schergen des Kaisers ausgerechnet dem Neugeborenen nach dem Leben, und treiben die junge Familie in die Flucht. Eine Geschichte voller Verzweiflung, die alles andere als „Weihnachtsgeschichte“ ist: kein Glockengeläut, kein Weihnachtszauber, keine Weihnachtsstimmung – nur bitterster Überlebenskampf.
Und trotzdem überstrahlt das ganze Elend der Akteure in dieser Geschichte eine Verheißung Gottes: „Fürchtet Euch nicht“.
Es ist gerade diese Zusage, in der sich Menschen wiederfinden und in der Geschichte von Maria und Josef und dem Kind ihre eigene Geschichte entdecken: da, wo wirklich „nichts mehr geht“, ist Gott näher, als wir überhaupt je zu hoffen gewagt hätten.
Vielleicht finden auch wir uns wieder in jener alten Geschichte – in diesem Jahr anders als in all den vergangenen Jahren, aber bewusster. Vielen steht das Wasser bis zum Halse, und alle machen sich Sorgen um die Zukunft. Näherrücken war angesagt und wird nun zur Gedulds- und Zerreißprobe. Während diese Zeilen zu Papier gebracht werden, ist noch gar nicht bekannt, ob wir in diesem Jahr Weihnachten feiern können und wie wir es dürfen.
Aber eines dürfen wir jetzt schon erwarten: Gottes Zusage wird uns auch an diesem Weihnachtsfest begleiten. Und ich finde es tröstlich, dass die Gefahr, die seit rund einem Jahr einen unheilvollen Namen hat, gerade den schwächsten und kleinsten Gliedern der Gesellschaft am wenigsten schaden kann. Ein Zeichen? Unter einem guten Stern?
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen behütete Feiertage – nun erst recht.
Pfarrer Helmut Kramer