Burzenländer beim Oktoberfestumzug in München

152 siebenbürgisch-sächsische Trachtenträger sowie 41 Mitglieder der VereinigtenBurzenländer Blaskapelle haben beim Trachten- und Schützenzug des Münchner Oktoberfestes am 17. September 2017 die Festtracht des Burzenlandes präsentiert. Die Burzenländer reihen sich weit vorne als Nummer 9 unter 60 Gruppen ein. Auf der sieben Kilometer langen Strecke begeistern sie mit ihrer einheitlichen Tracht und strahlen Freude aus, die von dankbaren Zuschauern am Straßenrand erwidert wird. Ein großer Erfolg sind auch die drei Minuten, die das Bayerische Fernsehen in der Live-Übertragung im Ersten (ARD) den Siebenbürger Sachsen widmet. Der Name der Siebenbürger Sachsen wird damit ein weiteres Mal positiv in die bundesdeutsche Öffentlichkeit gebracht. An diesem großen Auftritt, der eine ebenso große Herausforderung ist, wird die Gemeinschaft auch nach innen gestärkt, indem sich auch immer mehr junge Leute mit ihr identifizieren.
Der Anfang war dabei gar nicht so einfach. Drei Jahre lang haben sich die Burzenländer Sachsen auf dieses Ereignis vorbereitet. In den Arbeitstagungen der Burzenländer Ortsvertreter wurde die Männer- und Frauentracht dokumentiert, bei den jährlichen Umzügen des Heimattages in Dinkelsbühl stimmten die 15 Heimatortsgemeinschaften des Burzenlandes ihre Trachtenträger auf das Oktoberfest ein, in enger Zusammenarbeit mit Hans-Werner Schuster, Bundeskulturreferent des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, wurde die Bewerbungsmappe beim Festring e.V., dem Organisator des Oktoberfestzuges, eingereicht, eine Trachtenordnung wurde – in teils kontroversen Diskussionen – erarbeitet, die Anreise wurde mit zwei Bussen aus Sindelfingen und Nürnberg sowie in eigenen PKWs organisiert, ein Teil der Trachtenträger zog sich in der Bundesgeschäftsstelle des Verbandes in der Karlstraße um, angesichts der Wettervorhersage wurde für Regenschirme gesorgt.

„Immer wieder musste ich mich zu den hübschen, freundlich lächelnden und winkenden Mädchen hinter mir umdrehen, die vor Freude und Stolz sprühten. Dieser Funke sprang auch auf die beeindruckend große Zuschauermenge über, die sich entlang der sieben Kilometer langen Strecke aufreihte. Die Reaktionen aus dem Publikum waren, wie immer wenn wir irgendwo unsere Trachten zeigen, großartig“, sagt Ines Wenzel, die bekanntlich den jährlichen Trachtenumzug in Dinkelsbühl moderiert – zusammen mit Helge Krempels, der ebenfalls mit seiner Familie in München dabei ist.
Die Familien Betina und Thomas Nikolaus (Heldsdorf) sowie Ines und Helmut Wenzel (aus Heldsdorf und Zeiden) gehen ganz vorne und flankieren Udo Buhn, der das Schild trägt. In den beiden siebenbürgisch-sächsisch geschmückten Leiterwagen nehmen ihre Kinder (Hanna, Max und Luna), alle in jungsächsischer Tracht, gemütlich Platz. Die beiden Frauen tragen zu ihrer Festtracht den Kirchenmantel und zeigen die Kopfbedeckung, die im Burzenland im letzten Jahrhundert gewöhnlich nur von den jungen Frauen am Hochzeitstag und ein paar Sonntage danach getragen wurde. „Die Schleierung, mit dem meist roten Schleier und den beeindruckend vielen, diademartig angerichteten Bockelnadeln, ist die einzige Form der Bockelung, die im Burzenland erhalten geblieben ist, und zählte früher zu den besonderen Festtagsbockelungen, die z.B. auch von den Brautfrauen getragen wurde“, erläutert Ines Wenzel.

Alle Männer tragen den mit den vielen Silberschließen verzierten stattlichen Kirchenmantel, den sogenannten Burzenländer Rok (der zum ersten Mal zur Konfirmation getragen wurde), und dazu entweder den bekannten städtischen Hut oder den neu zum Leben erweckten „alten Burzenländer Hut“, mit dem hinten herabhängenden Samt- oder Webband. Die Meadj, d.h. die konfirmierten Mädchen im Burzenland, tragen seit den 1920er Jahren bis zu ihrer Heirat in der Regel die cremefarbene Mädchen- oder Jugendtracht. Die Frauentracht ist hingegen schwarz und der Schmuck zumeist golden. Das kennzeichnende Merkmal der Frauentracht ist „die das Gesicht strahlenkranzartig umrahmende meist schwarzsamtene Spitzenhaube“.
Die „Vereinigte Burzenländer Blaskapelle“ spielt während des zweistündigen Umzuges sechs Märsche: „Andulka“, „Bürgerwehr“, „Matrosenliebe“, „Mein Heimatland“, „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“ und den „Siebenbürger-Marsch“ von Martin Thiess. Dirigent Klaus Knorr erzählt: „Ich kriege jetzt noch Gänsehaut, wenn ich an den Moment denke, als wir vor der Haupttribüne am Odeonsplatz den ‚Siebenbürger-Marsch‘ gespielt haben. Ich weiß nicht, wie oft wir die Märsche wiederholt haben, aber es blieb noch Kraft und vor allem die Begeisterung, nach der Ankunft auf der Wiesn, im und vor dem Festzelt ‚Ochsenbraterei‘ noch ein paar Stücke zu spielen.“
Siegbert Bruss
(gekürzt aus der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 22. September 2017)