Erfüllt von Dankbarkeit gegenüber Gott

Predigt von Synodialsenior Daniel Ženatý in Brenndorf

Die Predigt in Brenndorf hielt Synodialsenior Daniel Ženatý aus Prag.Foto: Siegbert Bruss

Der Gottesdienst in Brenndorf fand am 1. Oktober 2017 im Rahmen des 500. Reformationsjubiläums und des Evangelischen Kirchentags statt. Die Predigt hielt Synodialsenior Daniel Ženatý von der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder. Sie wird im Folgenden im Wortlaut abgedruckt.

 

„Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist seinen heiligen Namen, lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“(Psalm 103,1-2)

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, es ist für mich eine große Ehre, dass ich heute bei Ihnen hier in Brenndorf sein darf. Zusammen mit meiner Frau sind wir aus der Tschechischen Republik hierher zu Ihnen gekommen. Ich grüße Sie im Namen der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, die mit Ihnen und vielen anderen auf der ganzen Welt der Reformation vor 500 Jahren gedenkt.
Der heutige Sonntag ist erfüllt von Dankbarkeit gegenüber unserem Gott. Dankbarkeit dafür, was er uns gibt. Wir gedenken heute hier in Brenndorf dreier Ereignisse. Wir feiern das Erntedankfest und danken für die Ernte auf den Feldern, in den Gärten, auf den Wiesen und in den Wäldern. Wir danken Gott für die Vollendung der umfangreichen Bauarbeiten an einem Teil Ihrer wunderschönen Kirche. Und wir gedenken dankbar des Erbes unserer Väter und Mütter, der Weltreformation.
Und unsere Dankbarkeit strebt einem Ziele zu. Zu Gott. Zu dir Gott schauen wir auf. Gott, du bist weise, mächtig, treu, du vergibst uns unsere Sünden. Und darüber hinaus gibst du uns zu essen und trinken.
So wie die, die hier vor uns gelebt haben, so staunen wir von neuem darüber, dass ein Wunder geschieht, dass die Erde ihre Kraft entfaltet und das, was in die Erde gesät wurde, wächst und Früchte trägt. Aus einer Kartoffel werden zehn, aus wunderschönen Blüten an Ästen werden schöne und wohlschmeckende Früchte. Sicher, das ist mit unserer Mühe und unserem Schweiß verbunden. Der Dank für die Ernte beseitigt nicht unsere Verantwortlichkeit und unsere Arbeit.
Der Dank für die Ernte bekennt gleichzeitig, dass mit unserer Fürsorge und Arbeit eine andere Macht einhergeht, die Wachsen und Ernten gibt. Ohne diese Macht, die Macht Gottes, wäre unsere Arbeit vergeblich.
Und gleichzeitig mit unserer Dankbarkeit gegenüber Gott für das Essen und Trinken bekennen wir unsere Beunruhigung und Zweifel. Ja, wir hier in Siebenbürgen, in Rumänien, in Tschechien haben zu essen und zu trinken, aber es gibt so viele Menschen auf dieser Welt, die an Hunger sterben. Nach den letzten Angaben der Vereinten Nationen leiden elf Prozent der Weltbevölkerung unter Hunger.
Wir können hier die Frage nicht lösen, wie wir diesen Menschen helfen können. Aber beunruhigen und quälen muss uns das. Manchmal fragen Menschen: Warum kümmert sich Gott nicht um diese Menschen, wenn er von allem genügend gibt? Und vielleicht kommt als Antwort aus dem Himmel: Dann teilt doch, ihr habt doch für alle genügend, denkt nicht nur an euch selbst!
Wir sind dankbar für den Abschluss der Bauarbeiten am Südteil Ihrer Kirche. Für die große Arbeit, für die Fertigkeiten der Handwerker und den Einsatz von allen, die gearbeitet und geholfen haben. Unsere Dankbarkeit ist umso größer, als wir in einer Zeit leben, wo das überhaupt möglich ist. Wo wir Freiheit haben, finanzielle Mittel und Menschen. Wahrscheinlich seufzen Sie, dass noch mehr Geld noch besser gewesen wäre und dass man noch mehr Helfer brauchen hätte können.
Aber lassen Sie sich damit nicht Ihre Dankbarkeit verderben. Über alles kann man sagen, dass es noch besser sein könnte. Das Werk ist abgeschlossen, freut Euch, seid dankbar, erfüllt es mit gutem Leben.
Und die Reformation. Wir machen uns bewusst, wie schön es ist, Christus anzunehmen. Wie schön es ist, sich durch Christus mit Gott versöhnen zu lassen, sich befreien zu lassen, und als freier Mensch mit Freude zu leben, in Fülle, im Glauben und in der Liebe.
Wir sind frei. Zum einen im bürgerlichen Sinne. Das war nicht immer so, weder in Rumänien noch in Tschechien. Freuen wir uns, tun wir alles dafür, dass uns die Zeit der Freiheit so lange wie irgend möglich erhalten bleibt. Lassen wir uns nicht einreden, dass wir klein und unbedeutend sind und dass wir die Sorge um die Freiheit anderen überlassen sollen.
Und wir sind auch persönlich frei. Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der das Recht hätte, sich in unser Leben einzumischen und uns zu sagen: links oder rechts – hü oder hott. Und es gibt auf der Welt keinen einzigen Menschen, bei dem wir das Recht hätten, ihm zu sagen: lauf oder stehe – vorwärts oder prr.
Zur Schönheit dieser persönlichen Freiheit gehört, im Unterschied zu der bürgerlichen, dass ihre Quelle außerhalb von uns liegt. Diese Freiheit hat uns Christus erkämpft, schreibt der Apostel Paulus. Das ist außerhalb von uns geschehen, aber für uns. Christus gibt sie uns, reichlich. Und wir dürfen sie annehmen. Begierig, dankbar. Als besonderes Privileg.
Der Psalm 103 fasst diese unsere Dankbarkeit in den Worten zusammen – „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“
Loben. Danken mit innerer Bewegung und tiefer Dankbarkeit. Wenn wir gegenüber Gott unseren Dank zum Ausdruck bringen – Gott, ich danke dir – formulieren wir unsere Dankbarkeit dafür, dass dies so ist, dass ich atmen und mich freuen kann, dass ich zu essen und zu trinken habe und etwas zum Anziehen. Dass ich in eine schöne Kirche gehen kann und darin nicht alleine bin, dass ich frei sein darf und mich nicht fürchten muss, weil dank Christus mich nichts und niemand von Gott trennen kann.
Mit der Macht Gottes werden wir zum Licht der Welt, zum Salz der Erde. Gott verändert uns durch seine Güte, so müssen wir nicht nur an uns selber denken. Wir dürfen offen sein für die, die Hilfe brauchen.
In Europa ist es heute eigentlich eine sehr ähnliche Situation, wenn jemand bei Ihnen zu Hause an die Tür klopft und Hilfe braucht. Wir öffnen – vielleicht schließen wir die Tür wieder. Ich habe nichts, ich höre nichts, hau ab. Oder ich sage mir, na, ich habe zwar keine Lust, aber ein Stück Brot finde ich doch zu Hause und vielleicht auch Butter und Käse, ein Stück Fleisch, ein paar Äpfel oder einen Mantel für den Winter oder ordentliche Handschuhe.
Christen haben viel empfangen, und deshalb können sie auch viel geben. Und sie wissen gut, dass sie dabei nicht arm werden. Im Gegenteil. Im Himmel wissen die schon gut, dass so der größte Reichtum entsteht, den wir überhaupt haben können.
Ich wünsche Ihnen, Schwestern und Brüder in Christus, ein gesegnetes Leben, Freude und Frieden. Und für schwere Situationen, die jeder erlebt, ob es nun Krankheiten oder Probleme sind, oder es ums Sterben geht, wünsche ich jedem einen festen Glauben, dass wenn es auch über meine Kräfte geht, so geht es doch nicht über die Kraft Christi. Er lebt und ist mit uns. Mit jedem von Euch. Amen.
Daniel Ženatý