Siebenbürgen ließ unsere Herzen höher schlagen

Eindrücke von der Busreise und dem ersten Heimattreffen in Brenndorf

Es war die Sehnsucht – die Sehnsucht nach der alten Heimat, nach den vertrauten Straßen, die Neugierde auf das Altbewährte und das Neue in der Heimat, was die Busteilnehmer dazu bewog, sich auf diese Reise nach Siebenbürgen zu begeben. Der Höhepunkt der Reise sollte das erste Heimattreffen in Brenndorf darstellen. Die Busreise nach Brenndorf wurde organisiert von der „Dorfgemeinschaft der Brenndörfer“ sowie Busreisen Werner Klusch (München) und Schinker-Reisen (Drabenderhöhe).
Am Morgen des 31. Juli 2016 startete der Schinker-Bus in Drabenderhöhe und sammelte im Laufe des Tages weitere Passagiere ein: in Köln, Siegburg West, Frankfurt am Main, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg, München, Samerberg und Wien. Insgesamt nahmen 35 Personen an der Reise teil.
Die Stunden im Bus vergingen wie im Flug. Die Reisenden trafen sich nach sehr langer Zeit wieder, so dass der Gesprächsstoff keine Langeweile oder Müdigkeit aufkommen ließ. Die paar Stunden Schlaf in der Nacht reichten, um dann erwartungsvoll ins Land einzureisen.
Den Sonnenaufgang am 1. August um 5.20 Uhr in Nădlac genossen wir mit einem leckeren Kaffee, den uns der Busfahrer im Bus zubereitete. Nun klebten die Nasen an den Fensterscheiben des Busses, um ja nichts zu versäumen, was sich in der Heimat verändert hat oder auch nicht. Besonders die siebenbürgischen Orte mit der gewohnten „sächsischen Architektur“ ließen unsere Herzen höher schlagen.
Gegen 16.00 Uhr fuhr der Bus in Brenndorf ein, die Aufregung erreichte ihren Höhepunkt. Man stellte auf die Schnelle fest, wer „damals“ da und dort gewohnt hat. Der Bus hielt endlich vor dem Pfarr­hof in Brenndorf, wo uns Manfred Copony herzlich willkommen hieß. Es tat gut, sich in dieser gewohnten Umgebung wiederzufinden, dem Pfarrhof, wo wir bereits in Kindertagen, später als Konfirmanden und auch danach viel Zeit verbracht hatten.
Im Garten, unter Pavillons, fanden wir sehr einladend gedeckte Tische vor und in der Küche waren bereits viele Hände damit beschäftigt, uns ein leckeres Willkommensmahl zuzubereiten. Es gab Ciorbă, Huhn mit Kartoffeln und Salat, Kartoffelbrot, Bier, Schnaps. Eigentlich hätte man bis spät in die Nacht dort verweilen und das Wiedersehen feiern wollen, aber die Vernunft (und die Müdigkeit) siegte. Man beschloss, in die Pension „Dynasty Club“ nach Honigberg weiterzufahren, wo für alle Busteilnehmer Zimmer reserviert worden waren. Heute sollte erstmal nach der langen Reise ausgeschlafen werden. Es standen uns schließlich noch viele schöne, ereignisreiche Tage bevor!

Dienstag, 2. August 2016
Heute stand das Ziel Hermannstadt auf der Tagesordnung. Nach dem Frühstück besichtigten wir aber erstmal die Kirchenburg Honigberg. Manfred Copony, der auch in den nächsten Tagen unser Reiseleiter sein sollte, brachte uns einige geschichtliche Eckdaten über diese überaus schöne Kirchenburg näher.
Weiter ging‘s nach Hermannstadt, die Europäischen Kulturhauptstadt 2007. Wir erkundeten u.a. den Großen Ring, die Lügenbrücke, den Kleinen Ring, die ev. Stadtpfarrkirche und noch vieles mehr. Das gemeinsame Mittagessen fand im Restaurant „Hermania“ statt. Nach weiteren zwei Stunden, die jeder zur freien Verfügung hatte, ging es 17:00 Uhr zurück in Richtung Brenndorf.
Was wohl das fleißige Helferteam auf dem Pfarrhof heute kulinarisch für uns bereit hält? Es gab Bulz (Palukes mit Käse und Rahm), Cabanossi und als Nachtisch Wassermelone! In unserem Quartier in Honigberg traf man sich abends nochmal zu einem Glas Wein, um den ereignisreichen Tag Revue passieren zu lassen.

Mittwoch, 3. August 2016
Heute ging es nach Deutsch-Weißkirch und Schäßburg. Über Marienburg, Rothbach, Nußbach, Reps, Bodendorf gelangten wir auf einer – auf dem letzten Abschnitt – sehr abenteuerlichen, holprigen Straße nach Deutsch-Weißkirch, um die Kirchenburg zu besichtigen. Hier wurden wir sehr herzlich von Sara Dootz begrüßt, einerBäuerin, die mit ihrer Familie in Deutsch-Weißkirch lebt (sie ist Autorin des Buches „Mit der Sonne steh‘ ich auf“). Wir alle lauschten sehr interessiert ihren Erzählungen von ihrem Leben, das sich natürlich sehr verändert hat, nachdem die meisten Sachsen den Ort verlassen hatten. Bereut hat sie es trotzdem nie, in ihrer Heimat geblieben zu sein.
Heute hüten die 80-jährige Sara Dootz sowie ihre Töchter Gerhild Gross und Caroline Fernolend die Kirchenburg von Deutsch-Weißkirch, die 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde. Das Dorf fasziniert auch den britischen Thronfolger Prinz Charles, der sich mit seiner Stiftung in Siebenbürgen engagiert. Im Nachbarort Radeln hat Peter Maffay das Tabaluga Kinderferienhaus aufgebaut. Nach der Burgbesichtigung in Deutsch-Weißkirch konnten wir nach Belieben auf den Turm steigen. Die Aussicht auf die naturbelassene Umgebung war sehr beeindruckend.
Durch die urige Dorfstraße gingen wir dann zum Haus des Kurators, begleitet von Hühnergegackere, dem Krähen eines Hahnes und Gänsegeschnatter. Schöööön! Im Schuppen des Kurators fanden wir sächsisch gedeckte Tische vor, wo wir erneut mit heimatlichen Gerichten, wie Ciorbă, Kartoffel-Fleisch-Eintopf und Krautsalat, Kartoffelbrot, Nußstriezel und Kaffee verwöhnt wurden. Der selbstgebrannte Pflaumenschnaps und selbstgemachte Wein des Kurators begleiteten die Mahlzeiten.
Weiter ging es Richtung Schäßburg. Hier besichtigten wir u.a. die schöne Altstadt mit dem Stundturm und der Klosterkirche. Über die 175 Stufen derüberdachten Schülertreppe gelangten einige von uns zur höchsten Stelle der Burganlage mit der Bergkirche. Ein kleiner Bummel durch die etwas abgelegenen Straßen Schäßburgsrundeten den Besuch dieser schönen siebenbürgischen Stadt ab. Der Bus brachte uns wieder zurück nach Brenndorf, wo es kalte Platte gab, mit Telemea, Caș und Burduf-Käse, frische Tomaten und Paprika aus dem Garten, Wurst, Schinken und Speck. Dazu natürlich das gute, hausgemachte Kartoffelbrot. Lecker …!

Schloss Peleș in Sinaia war einst königliche Sommerresidenz. Foto: Dietlinde Rhein

Donnerstag, 4. August 2016
Sinaia mit Schloss Peleș steht auf dem Plan. Auf einem 20-minütigen Fußweg  gelangten wir zum viel besuchten Schloss Peleș. Schon von weitem konnte man den Prachtbau bewundern, den wir gleich besichtigen sollten. Wir lauschten einer Führung in rumänischer Sprache, die sehr aufschlussreich war.
Das Schloss, von 1873 bis 1883 für König Carol I. von Rumänien erbaut, wurde zur Sommerresidenz der königlichen Familie Hohenzollern-Sigmaringen von Rumänien. Ein Teil der 160 Zimmer kann mittlerweile besichtigt werden. Das Schlossmuseum beherbergt eine Sammlung von Waffen, Skulpturen, Möbeln und dekorativen Gegenständen vom 15. bis 19. Jahrhundert sowie ein Theater mit 60 Sitzen, das später zu einem Kino umgewandelt wurde. Mit den Wandgemälden war Gustav Klimt beauftragt worden.
Nach diesem wunderbaren kulturellen Abstecher in der malerischen Gegend um das Schloss Peleș begaben wir uns wieder in Richtung Kronstadt, wo uns nach einem kurzen Bummel durch die Altstadt das nächste kulturelle Höhepunkt erwartete: ein Orgelkonzert in der Schwarzen Kirche. Kein Geringerer als Organist Hans Eckart Schlandt ließ uns die herrlichen Orgelklänge in der faszinierenden Atmosphäre der Schwarzen Kirche lauschen.
Am Pfarrhof in Brenndorf erwartete wieder eine sächsische Spezialität: gefüllte Paprika. Kompliment an die Köchin! Der allabendliche Absacker im „Dynasty Club“ blieb heute auch nicht aus.

Der Marktplatz mit dem Alten Rathaus in Kronstadt ist ein beliebter Treffpunkt. Foto: Dietlinde Rhein

Freitag, 5. August 2016
Der Tag stand den Reiseteilnehmern zur freien Verfügung. Dieser wurde unterschiedlich genutzt: Ein paar fleißige Helferinnen waren in der Sommerküche des Pfarrhauses mit dem Backen der „Pölsterchen“ für die Festtagssuppe und mit dem Tischdecken im Gemeindesaal beschäftigt. Andere wiederum konnten sich an diesem Tag um die Gräber ihrer Lieben kümmern. Es wurden Bekannte und Verwandte besucht oder ein kleiner Tagesauflug nach Kronstadt oder anderswo unternommen. Alle freuten sich aber auf das bevorstehende Begegnungsfest am Samstag und Sonntag, zu dem noch viele andere Brenndörfer und Freunde mit Auto oder Flugzeug anreisten.

6.-7. August
Das Heimattreffen in Brenndorf war ein voller Erfolg. Man hat viel geplaudert, gesungen, getanzt, Erinnerungen ausgetauscht. Bestandteil des Treffens war u.a.  der Besuch der Tartlauer Kirche und Kirchenburg. Eine kurze Führung und ein schönes Gitarrenkonzert rundeten diesen Abstecher in unseren Nachbarort ab. Der Gottesdienst am 7. August in Petersberg und die Führung durch Pfarrer Klein waren ebenfalls ein Teil der Busreise und sehr beeindruckend, da die meisten von uns noch nie vorher in der Petersberger Kirche waren.

Montag, 8. August 2016
Nun stand der letzte Ausflug der Busreise an: die Rosenauer Burg und die Törzburg. Im Gegensatz zu den meisten Gemeinden des Burzenlandes, in denen es jeweils in der Ortsmitte eine Kirche gibt, liegt die Rosenauer Burg hoch auf einem Kalkfelsen über dem Ort. Mit der neuen Zahnradbahn (2015 fertiggestellt), die das Stadtzentrum (bzw. den Hof des Kulturhauses) mit der Rosenauer Bauern­burg verbindet, fuhren wir die 94 m der Burgruine entgegen. Die Aussicht von der Burg auf die umliegende Umgebung war überwältigend und lud zum etwas längeren Verweilen ein. Man schlenderte entlang des alten Gemäuers, hielt die wunderbare Aussicht mit der Kamera fest und wagte auch einen kurzen Abstecher zu den kleinen Verkaufsständen, die mit diversen Souvenirs lockten.
Das anschließende Mittagessen in der Villa Hermani in Măgura fand wieder in einem besonderen Ambiente statt. An dieser Stelle ein großes Lob an unseren Reiseleiter Manfred Copony, der ein besonders gutes Händchen bei der Auswahl der Lage und Standorte für unsere Mittagspausen bewiesen hat. Die Landschaft hier erinnerte viele von uns an die bayerischen oder Tiroler Berge und wieder mal mussten einige von uns feststellen, wie schön doch unsere Heimat ist.
Es gab wieder mal Spezialitäten: Auftakt mit Vișinata. Weiter ging‘s mit Kartoffelsuppe mit Estragon, Hühner-Paprikasch mit Mehlspatzen und Reis, dazu eingelegte Gurken. Zum Kaffee gab‘s Schokoladenkuchen. Wir beschlossen, uns diese Ecke zu merken und ganz bestimmt wiederzukommen, um noch mehr von dieser wundervollen Gegend in unserer Heimat zu erkunden.
Es ging weiter nach Bran, der Besuch der Törzburg stand an. Auch hier waren wir von der Burg und der dazugehörigen Einrichtung sehr begeistert. Viele von uns kannten sie nur von den Schulausflügen, und das ist nun mal eine Weile her.
Nach einem guten Abendessen auf dem Pfarrhof in Brenndorf, heute gab es Reste­essen vom Heimattreffen (Rindfleisch und Hühnerfleisch mit Reis), bedankte sich die Reisegruppe ganz herzlich bei Manfred Copony und seinen Heinzelmännchen, die für uns die ganze Woche über ganz tolle Gastgeber waren. Es war jeden Abend ein „Nach-Hause-Kommen“, wo uns wunderbare Gerichte und eine wundervolle heimatliche Atmosphäre erwarteten.
Mit vielen schönen Erlebnissen und Erinnerungen im Gepäck trat die Reisegruppe am Dienstag, dem 9. August 2016, die Heimreise an. Viele von uns, dazu zähle ich mich selbst auch, waren der Meinung, nicht wieder so viel Zeit bis zur nächsten Heimatreise verstreichen zu lassen. Es gibt noch so viel zu sehen und zu erkunden. Unsere Heimat ist so schön.
Vor allem sollten aber auch unsere Kinder in den Genuss dieser und noch vieler anderer Sehenswürdigkeiten in unserer Heimat kommen, es gibt noch so viele davon. Ob mit Bus, Bahn, Auto oder Flugzeug, lasst uns diese oder ähnliche Erfahrungen kurz- oder langfristig wieder machen. Ich freue mich jetzt schon darauf.
Dietlinde Rhein