Einweihung des neuen Denkmals in Brenndorf

Das neue Heldendenkmal für die Opfer der beiden Weltkriege und der Russlanddeportation wurde am 6. August 2016 auf dem evangelischen Friedhof in Brenndorf eingeweiht. In einem bewegenden Festakt stellten Bischof Reinhart Guib und Pfarrer Dr. Peter Klein das Denkmal unter den Schutz und Segen Gottes. Die Andacht von Bischof Reinhart Guib wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegebenen.
„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in
allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.“ (2. Kor. 1, 3-4)
Liebe Gedenkgemeinde! Liebe Schwestern und Brüder!
Das Gedenken an den Ersten Weltkrieg, der sich zum 100. Mal gejährt hat, an den Zweiten Weltkrieg und die Deportation, die sich letztes Jahr zum 70. Mal jährten, sowie an ihre Folgen mit vielen Toten
und Vermissten auch aus unserer Gemeinschaft ist zu einer wichtigen Tradition geworden. Seit der Wende 1989 versammeln wir uns alle zehn Jahre in den evangelischen Gemeinden in Rumänien und auch in
den siebenbürgischen Gemeinschaften und evangelischen Gemeinden mit Siebenbürgern in Deutschland und Österreich, um diesen weltweiten Tragödien, die unauslöschliche Spuren auch in der Geschichte der
Evangelische Kirche A.B. in Rumänien (EKR) und der Siebenbürger Sachsen hinterlassen haben, zu gedenken. Und bei fast allen Heimattreffen ist es guter Brauch und Sitte, auch ein Gedenken der Toten
abzuhalten. Das Gedenken hat also seinen festen Platz im Kreislauf unserer Gemeinschaft und unseres Lebens.
Für ein Volk, eine Kirche, für eine Dorfgemeinschaft und uns Menschen ist es dienlich nicht nur die schönen und freudigen Traditionen weiterzupflegen, sondern auch der traurigen und schmerzlichen
Ereignisse zu gedenken. Für unsere Geschichte, unsere Identität, unsere Seele, unsere Zukunft ist es wichtig, dieses Gedenken wach zu halten. Und dieses Gedenken durch unseren Glauben zu
verarbeiten.
Auch die Gemeinde in Brenndorf wurde stark in Mitleidenschaft gezogen. Im Ersten Weltkrieg verstarben 43 Brenndörfer. Im Zweiten Weltkrieg sind 89 gefallen oder vermisst und weitere 8 als Kriegsopfer
vermeldet. Die Deportation hat 40 Brenndörfern das Leben gekostet. Viele Familien wurden dadurch zerstört, und Kinder blieben ohne Eltern oder Eltern ohne Kinder zurück. Unermessliche Trauer und Leid
machten sich breit. Der Herr lasse alle Verstorbenen und Vermissten in Frieden ruhen.

Viele haben aber auch Hilfe und Bewahrung durch Gott in höchster Not erlebt und sind wieder zu ihren Familien zurückgekehrt. Dafür wollen wir danken. Die Dankbarkeit über erlebte Bewahrung und
Hilfe im Leben führt zum Dankgebet und zum Gebet für andere. Wie viele in den Familien und Gemeinden tradierten Gesangbuchverse, wie viele Gebete, wie viele Bibelworte, wie viele weisen Sprüche haben
sich doch vor 100, vor 70 Jahren, vor 25 Jahren und bis auf den heutigen Tag bewährt?
Gott kann trösten und wieder aufrichten. Wer von Gott getröstet wurde, kann anderen zum Tröster werden. So dürfen wir dankbar sein, dass viele unserer Heimkehrer ein neues Leben beginnen konnten und
Vorbilder im Glauben wurden, wie sie vormals Vorbilder im Leiden waren.
Unserem Volk und unserer Kirche wurde dank Gottes Barmherzigkeit und Gnade durch die Schule des Leidens, durch Krieg, Evakuierung, Deportation, Trennung und Auswanderung hindurch, eine neue Chance
zuteil. Unsere Generation und die unserer Kinder dürfen heute sehen, wie langsam, aber unumkehrbar unsere zertrennte Gemeinschaft von Ost und West wieder zusammenfindet und zusammenwächst. Die Männer
vor 100 Jahren und Männer und Frauen vor 70 Jahren haben stellvertretend für uns und alle am Krieg Schuldigen gesühnt und auch mit dem Leben bezahlt. Ihnen sind wir es schuldig, in Ehrfurcht und
Anerkennung ihrer zu gedenken.
Das dankbarerweise vom Brenndörfer Künstler Reinhardt Schuster entworfene und von der Kirchengemeinde Brenndorf, der „Dorfgemeinschaft der Brenndörfer“ und Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung
finanzierte Heldendenkmal für unsere Toten will heute unser Mitgefühl und unser ehrliches teilnahmsvolles Gedächtnis wecken.
Die Toten und die Lebenden rufen uns zu und mahnen uns zum Frieden und zur Versöhnung, zur Verständigung und Zusammenarbeit, damit sich Kriege, Evakuierungen, Deportationen, Attentate wie neulich in
Deutschland geschehen, nicht wiederholen und wir und unsere nachkommenden Generationen in Frieden und Eintracht leben können.
Wir wollen heute nicht nur des bitteren Leides unserer Vorfahren und unserer Gemeinde hier gedenken, sondern uns auch sagen lassen: Gottes Güte ist größer als unser Leid. Unser himmlischer Vater ist
uns nahe und lädt uns ein zum vollen Vertrauen auf ihn.
Er will uns vom Gedenken zum Glauben führen. Von der Tradition zum Leben. Von der Bewahrung zum Dank und Gebet für die, die es brauchen. Und aus der Geschichte in seine Zukunft. Dazu helfe uns Gott.
Amen.
Bischof Reinhart Guib