Bischof Reinhart Guib predigte beim ersten Heimattreffen in Brenndorf

Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt!“
Psalm 26, 8
Verehrte Gäste aus dem In- und Ausland, liebe Brenndörfer von nah und fern, liebe Festgemeinde!
Welche Freude erfüllt unser aller Herz, uns heute von überallher – als Brenndörfer, Siebenbürger, Gäste aus Deutschland, Evangelische, Freunde und Christen – in dieser Stätte und an diesem heiligen
Ort zu versammeln. Hier, wo viele unter euch getauft, konfirmiert, getraut, getröstet und gestärkt wurden und ihr Gemeinschaft mit Gott und untereinander erfahren habt. Es gibt für euch und die
Brenndörfer Gemeinschaft keinen zweiten Ort auf dieser Welt, mit dem ihr so innig verbunden und der so stark zu eurer Identität gehört als dieses Gotteshaus. Und was kann es Schöneres, Erhabeneres
geben, als sich hier wiederzusehen, zu begrüßen, alte Geschichten und neue Erfahrungen zu teilen und ein Lied anzustimmen.
Umso größer wird unsere Freude, wenn wir dies Lied in großer Gemeinschaft mit dem Jugendposaunenchor aus dem Mecklenburger-Vorpommerschen Sprengel der Nordkirche, mit den Petersbergern und
Siebendörfern, mit den Burzenländern und anderen Sachsen und insbesondere mit euch Brenndörfern aus der Kirchengemeinde und der Dorfgemeinschaft, aber auch mit Vertretern des Bürgermeisteramtes, mit
evangelischen und ökumenischen Freunden.
Das Bibelwort, das wir eben hörten, ist ein Vers aus einem Lied. Aus einem alten Lied. Es ist kein Liebeslied. Es ist das Lied eines Menschen, der sich zu Gott bekennt und reinen Herzens zu Gott
kommt.
Es ist dies auch ein verbindliches Lied. Es ist ein Lied das verbindet. Ein Lied aus dem Psalmbuch, dem Gebetsbuch der Bibel. Ein Lied, das uns Christen verbindet mit dem alten Volk Gottes, mit dem
jüdischen Volk und mit Jesus, unserem Herrn und Heiland, der aus diesem Liederbuch auch gesungen hat. Es verbindet uns aber auch mit Menschen, die vor uns hier in dieser Kirche das Lob Gottes
gesungen haben seit dem Jahr 1310, also seit über 700 Jahren, seit hier eure Vorfahren eine romanische Basilika mit Glockenturm gebaut haben.
Der Beter vor mehr als 2000 Jahren will Gott zeigen, dass er weiß, was er Gott verdankt: sein Leben, seinen Glauben, seine Heimat. Darum geht er in den Gottesdienst. Er tut es gern. Er dankt Gott mit
lauter Stimme. Er verkündet die großen Taten Gottes. Und darauf bekennt er: „Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt!“
Das ist ein Bekenntnis erster Ordnung, liebe Festgemeinde, liebe Freunde dieser alten und ehrwürdigen Kirche. Dass wir heute da sind, zeigt dass ihr und wir dies Bekenntnis heute erneuern wollen –
das Bekenntnis zu Gott, das Bekenntnis zueinander als Gemeinschaft in einem Glauben, in einer Taufe, in dem einen Herrn. Wie eure Väter und Mütter dazumal, so seid auch ihr gerufen, diese Kirche als
eure Heimstätte wiederzuentdecken und wiederzufinden, euch in ihr zu Hause zu fühlen, so wie das 700 Jahre lang Menschen hier getan haben. Und ihr dürft von da in euer Leben Impulse und Kräfte, Trost
und Segen mitnehmen.
Auch wenn das Psalmwort kein Liebeslied ist, ist es doch eine Liebeserklärung. Eine ganz direkte Liebenserklärung. Unmittelbar und ohne Umschweife. Wichtig ist, dass wir diese Liebeserklärung zu
unserer Kirche, zur Gemeinschaft mit Gott und untereinander mit aussprechen. Vor dem Abendmahl sind wir eingeladen, aus vollem Herzen einzustimmen in das: „Wir glauben all an einen Gott, Vater, Sohn
und Heilgen Geist.“ Später werden wir im Saal einstimmen in das Siebenbürgenlied und dann auf dem Friedhof mit gedenken „Ich hatt‘ einen Kameraden“.
Wir wissen aber auch mit dem einmaligen Einstimmen und Bekennen ist es noch nicht getan. Als geliebte und liebende Menschen wissen wir: Auf eine Liebeserklärung haben mit der Zeit viele kleine und
große Liebesbeweise zu folgen, damit die Liebe lebendig bleibt und erfüllend wirkt. In einer Partnerschaft, auch in der Beziehung zur Kirche. Hält die Liebeserklärung an eure Kirche in Brenndorf?
Hält sie an die Heimat-Kirche?
Ich denke nicht von ungefähr feiern wir heute als Festgemeinde das erste Heimattreffen der Brenndörfer in eurem Heimatort, ein Fest, das seinen Anfang nimmt in der guten Stube des Dorfes, am
heiligsten Platz im Ort und in eurem Herzen, eurer Kirche.

Seit 2012 hat besonders die „Dorfgemeinschaft der Brenndörfer“ mit dem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien in Deutschland und der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung, unterstützt von der
Kirchengemeinde vor Ort und dem Petersberger Pfarramt, Liebesbeweis nach Liebesbeweis erbracht für die Kirche, so dass Schritt mit Schritt zuerst die Kirche innen, danach der Turm außen renoviert und
schön geschmückt wurde wie eine Braut für ihren Bräutigam. Ein weiterer Liebesbeweis ist das Errichten des Heldendenkmals auf dem Friedhof, das uns heute an die Opfer von Krieg und Gewalt erinnern
will. Und der Weg ist noch nicht zu Ende. Die Kirche außen wartet auch auf ein erneuertes Gewand. Kirche ist eben eine ständige Baustelle – als Gebäude, als der Ort, an dem die Ehre Gottes wohnt,
aber auch als Gemeinschaft, als der Leib Christi, wo der Einzelne, ein Gremium oder die ganze Gemeinde mal viel, mal wenig an sich zu arbeiten hat. Und wir, als zur Kirche gehörig, werden dringend
gebraucht. Denn für uns ist die Kirche da. Und uns nimmt der Herr als seine Mitarbeiter in Dienst, jeden mit seinen Gaben.
Es ist nicht unwichtig, wie wir an die Arbeit in unserer Kirche herangehen. Gott freut sich gewiss an unserem Erhalten, Renovieren und Restaurieren. Und er freut sich, dass wir mit diesem
Festgottesdienst und Treffen bestärken: Es gibt guten Grund, sich an Gott zu halten. Es gibt Grund Gott zu danken.
Denn selbstverständlich ist es nicht, dass nach den Entwicklungen der letzten 100 Jahre heute die Brenndörfer Gemeinschaft noch existiert und zusammenhält und den Willen hat, das Gotteshaus in vollem
Glanz herzurichten und Partner mitmachen und Spender mitziehen. Das ist nicht allein zu schaffen. Dabei brauchen wir Gott. Und wir brauchen das Bekenntnis: „Herr, ich habe lieb die Stätte deines
Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt!“
Es muss unser Bekenntnis sein. Das Bekenntnis der ganzen Gemeinschaft. Denn wenn es das nicht ist, ist alles umsonst. Diese Kirche und gute Stube der Kommune ist vor allem anderen der Ort, an dem
Gott geehrt wird. Er soll auch der Ort bleiben, von dem aus das Evangelium verkündigt wird, mal fortschrittlich und mal ohne Glanz, mal ausgefeilt und mal ganz einfach, mal vom zuständigen Pfarrer
und mal von Gastpredigern, mal in festlichen Gottesdiensten wie heute und mal in kleinen Andachten, mal in Wort und Sakrament und mal in schönen kirchenmusikalischen Darbietungen.
Diese Verkündigung ist vor allem unsere Aufgabe als Kirche, als Gläubige, als Geistliche. Und diese Aufgabe erfüllt sich hier in dieser Kirche, weil das eben euer Bekenntnis ist: „Herr, ich habe lieb
die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt!“
Und in diesem Sinne kann die evangelische Kirche von Brenndorf dann auch das Wahrzeichen des Ortes sein. Ein wahres Zeichen. Wirklich ein Zeichen. Ein Zeichen für alle Welt. Ein Zeichen für die
Menschen hüben wie drüben. Ein Zeichen, das mit seinem Turm in den Himmel weist. Und das ist nun wiederum ein Symbol, ein Zeichen für die ewige Stadt Jerusalem, auf die ewige Heimat, auf die wir
hoffen.
Das Bekenntnis des Psalmbeters ist mehr als 2000 Jahre alt. Es hat die Zeiten überdauert, die schrecklichen Einfälle der Tataren, Türken und Kurutzen vor Hunderten von Jahren, wie die zwei
Weltkriege, die Deportation, Enteignung und den Massenexodus des vorigen Jahrhunderts.
Das Bekenntnis zu Gott und zur Gemeinschaft untereinander hat alle wirren Zeiten überdauert. Das Bekenntnis hat nur darum überdauert, weil es immer wieder Menschen gegeben hat, die das bekannt haben:
„Herr, ich habe lieb …“. Darum sind wir heute hier. Damit drücken wir aus: Wir gehören zusammen. Wir haben eine gemeinsame Geschichte mit Gott und untereinander und wir haben eine gemeinsame Zukunft.
Wir sind heute zusammengekommen als Menschen, als Gotteskinder, die sich dieses Bekenntnis zu Eigen machen, als Menschen, die die Kirche und die Gemeinschaft lieben, als Menschen, die diese Liebe
weitersagen und -tragen wollen.
Geliebte Schwestern und Brüder, lasst uns heute gemeinsam Gott die Ehre geben, hier in seiner guten Stube, vor allem aber im Herzen. Es soll unser Gebet, Bekenntnis und Loblied sein: „Herr, ich habe
lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt!“
Und lasst uns morgen wieder an die Arbeit gehen. Denn es gibt noch manches zu tun auf der Baustelle Kirche – am Kirchengebäude selbst wie am Leib Jesu Christi, dass beide heil und schön werden.
Amen.