Ein Wort, das Zukunft schenkt

Predigt von Pfarrer Helmut Kramer in Brackenheim

Pfarrer Helmut Kramer während der Predigt im Bürgerzentrum in Brackenheim. Foto: Petra Reiner

Römer 10, 8-17
„,Das Wort ist dir nahe, in deinem Munde und in deinem Herzen.‘ Dies ist das Wort vom Glauben, das wir predigen. Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Denn wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet. Denn die Schrift spricht (Jesaja 28,16): »Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.« Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. Denn »wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden« (Joel 3,5). Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden? So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi.“    
Liebe Gemeinde!
Worte wirken. Egal, ob es nun geschriebene oder gesprochene Worte sind. Worte wirken. Politiker und Prominente haben in letzter Zeit ganz Vieles gesagt oder zu sagen gemeint, wenn sie das Wort „Willkommenskultur“ im Munde führten. Viktor Orban hat fast noch mehr gesagt, als er dem europäischen Willkommen eine höchst eigenwillige Interpretation gab. Worte wirken. Fast schon in Vergessenheit ist Terry Jones geraten, der Prediger einer kleinen Gemeinde in den USA, der vor Jahren mal den Koran öffentlich verbrennen wollte. Weltweit reagierten die Menschen mit Empörung. Glücklicherweise hatte die Vernunft dann doch irgendwie gesiegt. Worte wirken.
Es gibt nicht nur die großen Beispiele von Prominenten und Politikern; es gibt auch die kleineren Beispiele aus unserem Alltag, in denen jeder sich irgendwie wiedererkennt: - jene Anekdote etwa, die weit mehr ist als nur eine Anekdote: da sagt ein Mann zu seinem Freund: jedes Mal, wenn ich mit meiner Frau Streit habe, wird sie historisch. Du meinst wohl hysterisch, erwidert der Andere. Nein, historisch, sagt der erste: sie hält mir alles vor, was ich in all den 15 Jahren Ehe falsch gemacht habe.
Worte lösen bei Menschen etwas aus. Worte wirken. Sie können beleidigen und verletzen, erniedrigen und Angst machen; und oft genug wünschen wir uns, sie könnten aufbauen und heilen, stärken, und Wege für die Zukunft aufzeigen.
Viele Worte dringen täglich auf uns ein. Viele Stimmen und Botschaften hören und lesen wir, die uns ein glückliches Leben versprechen. Und oft genug gibt es Unheilsbotschaften und schlechte Nachrichten, die uns zeigen, wie hohl Glücksversprechen sein können. Wie gehen wir mit dem um, was auf uns eindringt? Wie reagieren wir darauf? Auf welche Worte hören wir? Welche Worte kommen uns ganz nah? Welchen Worten vertrauen wir? Vertrauen kann nicht befohlen werden. Vertrauen muss entstehen und wachsen. Es braucht ein Klima, das ihm förderlich ist. Man merkt es z.B. Kindern an, ob sie in einer liebevollen Umgebung aufwachsen, ob sie entsprechende Zuwendung erfahren, die ihnen Vertrauen ermöglicht. Darum noch einmal: Welches ist das Wort, das mir zeigt, welchen Weg ich gehen soll; das Wort, das mir Halt gibt, mich nährt und stärkt? Viele Stimmen und Worte können einen unruhig machen und verunsichern, denn sie ziehen Kraft und schwächen das Vertrauen. Auf welches Wort kann ich hören?
Auf dem Hintergrund solcher Fragen tun die Worte von Paulus gut: „Das Wort ist dir nahe in deinem Herzen und deinem Mund“. Du brauchst nicht lange suchen: Das Lebenswort, das Wort Christi, ist dir und mir nahe – im Gewirr der vielen Stimmen und Töne. Es ist das Wort vom Glauben, vom Vertrauen. „So kommt der Glaube aus dem Hören, das Hören aber durch das Wort Christi.“ Da wird mir deutlich: Gott sucht das Gespräch mit mir. Gott kommt mir nahe mit seinem Wort. Er redet mich an. Schon bevor ich ihn anreden kann, hat er mich angesprochen. „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein.“ (heißt es schon im Alten Testament) Gott spricht zu uns durch und in Jesus Christus. In Christi Leben und Wirken zeigt er, wie sehr er uns schätzt und annimmt. Diese Ansprache Gottes wirkt in mir das Vertrauen: Gott lässt mich nicht fallen.
Gott überzeugt mich durch seine Liebesbotschaft, die er in Jesus Christus gelebt hat, und ich gebe mich dem hin und nehme dieses Geschenk an. Ich brauche es nur in mir aufnehmen, wie das tägliche Brot. Dass Gott uns Menschen liebevoll anspricht, ist ein Geschenk. Dafür müssen wir nichts tun, keine Vorleistung erbringen, uns nicht ausweisen und rechtfertigen, dass wir seiner würdig wären.
Und es ist, als wollte Paulus die Adressaten seines Briefes hier ermuntern: sagt euch gegenseitig, was ihr glaubt. Macht euch gegenseitig Mut. Gebt euch gegenseitig dieses gute Wort von der Liebe Gottes weiter. Es ist das einzig wahre Rezept gegen die heillosen Worte eurer Zeit. Es gibt euch Rettung von den heillosen Verstrickungen eurer Zeit. Es gibt euch Ausrichtung und Zukunft. Jahrzehnte später haben die Christen, die den Rat des Paulus annahmen, ihre Kraft und ihr Vertrauen unter anderem aus diesem Satz geschöpft: unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Und bis heute laden sie uns ein, über das nachzudenken, was uns stark macht.
Dazu gibt es eine kleine Geschichte: ein Missionar auf Papua-Neuguinea sucht monatelang nach einem Wort für „Glaube” in der Sprache jener Menschen, unter denen er lebt und wirkt. Eines Tages kommt ein Eingeborener zu ihm und sagt: „Du erzählst uns von Jesus und sagst, er sei für uns gekreuzigt und auferstanden. Hast du Jesus gesehen?” „Nein.” „Bestimmt aber dein Großvater!” „Auch nicht.” „Dann lebt Jesus gar nicht in deiner Heimat, woher weißt du dann, dass Jesus lebt?” Unterdessen hatte sich eine Wolke vor die Sonne geschoben. „Siehst du die Sonne?” fragte der Missionar. Der Mann schüttelte den Kopf. „So ist es auch mit Jesus. Die Sonne scheint, auch wenn du sie nicht siehst. Ich sehe Jesus nicht und weiß doch, dass er lebt!” Der Mann dachte lange nach, dann sagte er: „Ich verstehe dich. Dein Auge hat Jesus nicht gesehen, aber dein Herz kennt ihn. Mit dem Herzen hast du Jesus gesehen!” Nun hatte der Missionar das Wort für „Glaube” gefunden: „Jesus mit dem Herzen sehen”.
Wie sagte Jesus einst: Selig sind, „die das Wort Gottes hören und behalten in einem feinen guten Herzen und bringen Frucht in Geduld“. (Lk 8,15) Amen.


Pfarrer Helmut Kramer