Predigt von Bischof Reinhart Guib zur Einweihung der evangelischen Kirche in Brenndorf

Bischof Reinhart Guib hielt die Predigt zur Wiedereinweihung der evangelischen Kirche in Brenndorf. Foto: Anamaria Răvar

Nach umfassender Innenraumrenovierung und Kirchhofabsenkung wurde die evangelische Kirche in Brenndorf am 8. Dezember 2013 wieder eingeweiht. Eine bewegende Predigt zum zweiten Advent, Offenbarung 3, 7-13 (VI), hielt Reinhart Guib, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Die Predigt wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben.

 

Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf: Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet. Siehe, ich werde schicken einige aus der Synagoge des Satans, die sagen, sie seien Juden, und sind’s nicht, sondern lügen; siehe, ich will sie dazu bringen, dass sie kommen sollen und zu deinen Füßen niederfallen und erkennen, dass ich dich geliebt habe.

Weil du mein Wort von der Geduld bewahrt hast, will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die auf Erden wohnen.

Siehe, ich komme bald; halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!

Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen.

Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.

 

Verehrte Gäste von nah und fern, liebe Brenndorfer, liebe Festgemeinde!

Eine große Freude führt uns heute zusammen. Aus Deutschland ist der HOG-Vorstand angereist, aus Sankt Georgen/Sfântu Gheorghe die Baufirma, aus Kronstadt Bezirks-, Gemeinde- und Forumsvertreter, aus Hermannstadt die höchsten Vertreter des deutschen Generalkonsulats, des österreichischen Honorarkonsulats, der Landeskirche, Freunde und Angehörige der Pfarrfamilie, aus Petersberg Kirchenchor, Blaskapelle, Pfarrehepaar und Gemeinde und aus dem Burzenland und Repser Ländchen weitere Vertreter unserer Körperschaften und etliche Pfarrer mit ihren Gemeinden. Warum das? Weil heute zum ersten Mal nach 13 Jahren die Tür zur Kirche wieder aufgetan und die Kirche in Brenndorf feierlich wiedereingeweiht werden konnte. Und das – weil Gott Türen auftut.

Die Adventszeit ist die Zeit der Türen.

Die Tür kann geradezu als Symbol der Vorweihnachtszeit- und Adventszeit gelten.

Nicht nur der Adventskranz mit seinen Kerzen und seinem Tannengrün ist ein Zeichen dieser Wochen vor Weihnachten.

Die Tür, die Türen spielen in diesen Tagen und Wochen auch eine besondere Rolle. „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch…“ – klang es im Eingangsspruch zu uns herüber.

Die Tür unserer Gemüter und Herzen ist damit gemeint. Aber auch ganz gegenständliche Türen können sich in der Adventszeit für uns auftun, wie die Tür der Kirche von Brenndorf, die nun wieder offensteht und die Gemeinde immer wieder zum Gottesdienst oder auch zu einem Konzert und die Besucher im Sommer zur Besichtigung einlädt. Im Advent gehen aber auch andere Türen auf. Die Türen im Adventskalender zum Beispiel, welche die Kinder gerne auftun, um die Schokoladen dahinter zu vernaschen. Oder die Türen zwischen Nachbarn, die sich „Gesegneten Advent“ und bald „Frohe Weihnachten“ wünschen.

Auch im heutigen Predigtwort aus der Offenbarung des Johannes wird von einer Tür gesprochen: „Ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet.“ Das sagt Gott in der Vision des Johannes zur Gemeinde Philadelphia. Gilt es auch für uns alle und für uns heute? Erfahren auch wir, dass Türen für uns aufgetan werden? Türen zueinander, Türen zu den Herzen anderer Menschen, Türen zu Gott?

„Siehe, ich habe vor dir eine Tür geöffnet, denn du hast eine kleine Kraft…“

Machen wir nicht gerade in der Advents- und Weihnachtszeit die Erfahrung, dass dort, wo Türen zwischen uns und anderen zugeschlagen werden, das besonders weh tun kann. In dieser Zeit schmerzt es besonders stark, wenn wir einen anderen Menschen verloren haben, durch Tod, durch Streit, durch Gleichgültigkeit oder andere unglückliche Umstände. Die Trennungen, die durch unsere Familien, unsere Freundeskreise, unsere Gemeinden, unser Volk gegangen sind, werden uns in den gemütsbewegten Weihnachtstagen besonders schmerzlich bewusst.

Und auch die Trennung, die zwischen uns und Gott besteht, die Trennung zwischen dem erwarteten Heil und den verbesserungswürdigen und unheilvollen Zuständen dieser Welt, geht uns an Weihnachtstagen besonders nahe. In der Advents- und Weihnachtszeit beschäftigen uns die verschlossenen Türen mehr als sonst. Und es ist eher unsere kleine Kraft, unser Unvermögen, sie zu öffnen, das uns deutlich wird.

Aber trösten wir uns: denn wir haben einen Gott der Türen auftut. Wenn wir von unserer Seite nicht zu ihm finden, er kommt uns von seiner Seite entgegen. „Siehe, ich habe vor dir eine Tür geöffnet, und niemand kann sie mehr zuschließen…“ Ihm haben wir es in erster Reihe zu verdanken, dass wir die Tür zur Kirche heute wieder öffnen und Gottesdienst feiern können. Die Kirchenrenovierung hat von Beginn bis jetzt unter seinem Segen gestanden. So hat er alles gut zusammengeführt - dass der Staatsminister der Bundesregierung für Kultur und Medien, die HOG Brenndorf und die Kirchengemeinde die Finanzen aufbringen konnten, dass die Baufirma aus Sf. Gheorghe gute Arbeit geleistet, die Kirche im Inneren renoviert und den Kirchhof abgesenkt hat und dass die Gemeinde mit Pfarrer, Kurator und vielen Helfern/innen dafür sorgen konnten, dass für die Einweihung des Innenraums der Kirche auch die letzten Spuren entfernt wurden. Mit Vertrauen in den Herrn, der Türen auftut, hoffen wir, dass die Förderer auch 2014 dranbleiben und mit vereinten Kräften auch die Außenrenovierung durchgeführt werden kann.

Die Gemeinde hat 35 Jahre seit ihrer letzten Einweihung durch Bischof Albert Klein und 13 Jahre nach dem letzten Gottesdienst in der Kirche nun wieder ein nutzbares und schmuckes Gotteshaus. Das macht uns dankbar und froh.

Es hat lange gedauert und die Geduld eurer Gemeinde wurde auf eine harte Probe gestellt, aber ihr habt euch bewährt und habt trotz den Abbrüchen und Umbrüchen der letzten Jahrzehnte mit kleiner Kraft und zusammengelegten Kräften mit den Partnern, erlebt was das heißt: „Gott ist in den Schwachen mächtig“ und habt einen Ort hergerichtet, wo das Wort Gottes bewahrt und der Name Gottes bekannt wird. Es kommt nicht auf die Zahl der Gläubigen an, sondern auf eure Treue zum Herrn und euer Festhalten an dem, was ihr als richtig erkannt habt. Dafür sind nun nach den Kirchentüren die Herzenstüren zu öffnen. Christus, der kommende Herr, steht auf der Schwelle der Kirche, unseres Herzens und Lebens und bittet um Einlass. „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.“

Das ist ein schönes und eindrückliches Bild für den Advent: Christus wartet auf uns mit Geduld und lädt zu offenen Türen ein.

Liebe Festgemeinde! Advent ist die Zeit, in der wir uns vorbereiten auf Weihnachten, damit Christus einziehen kann. Die Kinder öffnen jeden Tag eine neue Tür des Adventskalenders. Welche Türen öffnen wir Erwachsenen?

„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“ Dieses Lied ist deshalb so beliebt, weil es eine tiefe Wahrheit ausspricht. Weil es aus der verborgenen Tiefe unserer Seelen das ausdrückt, wonach wir uns wirklich sehnen. Danach nämlich, dass die Türen offen stehen, die Türen zwischen uns Menschen, und die Türen zwischen Gott und uns Menschen.

Es ist die Sehnsucht danach, dass die Trennungen verschwinden und Gemeinschaft, Friede, Liebe und Vertrauen bei uns einkehren.

Diese Sehnsucht steigt gerade an Weihnachten aus der Tiefe unserer Seelen empor, alle Jahre wieder.

Wir müssen aufpassen, dass diese Sehnsucht nicht nur romantisches Gefühl bleibt. Kein Festtagsgefühl, das nach Weihnachten wieder weggepackt und in der Tiefe der Seele verstaut wird.

Das Bild des wartenden, an die Tür unseres Lebens klopfenden Jesus Christus kann das verhindern. Denn er hat diese Sehnsucht nicht nur gepredigt und gelebt, sondern er ist auch dafür gestorben. Das hat mit Romantik und Weihnachtsstimmung wenig zu tun. Das ist Realität.

Es ist die Realität der geöffneten Türe Gottes, die so real ist wie die nun offene Tür der Kirche in Brenndorf. Diese Realität sieht am Kreuz und am Elend der Welt nicht vorbei, sondern öffnet sich dafür und will uns Menschen, unabhängig von Konfession, Sprache, Tradition darin beistehen und uns helfen.

Gott will herein in unsere Welt, in unsere Kirche, in unsere Gemeinde hier vor Ort. Sorgen wir dafür, dass wir empfangsbereit sind. Wir können unsererseits die Tür aufmachen und einladen: Ja, komm Herr Jesus Christus! Amen.

 

 

 

 

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