Großes Sachsentreffen in Hermannstadt mit anschließendem Besuch in Kronstadt und Brenndorf

Das Große Sachsentreffen, das vom 2. bis 4. August 2024 unter dem Motto „Heimat ohne Grenzen“ in Hermannstadt stattfand, war ein wunderbares Erlebnis, dem wir bereits seit geraumer Zeit entgegengefiebert hatten.
Unsere aus Siebenbürgen stammenden Freunde sowie meine Tochter Anita und ich starteten unser Abenteuer am Flughafen München mit der Landung in Hermannstadt.
Wir waren nicht die einzigen im Flieger, die dasselbe Ziel hatten: das Große Sachsentreffen in Hermannstadt. Es waren Siebenbürger Sachsen, welche die Passagierzahl dieses Fluges nach Hermannstadt dominierten. Die Vorfreude war bei allen zu spüren.
Es war das zweite Große Sachsentreffen in Hermannstadt. Das erste fand 2017 statt. Aus meiner Sicht war es ein voller Erfolg. Etwa 2.200 Trachtenträger nahmen am Trachtenumzug teil. Sehr erfreulich und für mich überraschend war die Tatsache, dass so viele junge Menschen aktive Teilnehmer der Trachtengruppen und Tanzgruppen waren. Das macht Hoffnung, dass sich junge Menschen, unsere Kinder, wieder verstärkt für unsere Heimat und die sächsischen Traditionen interessieren. Das hervorragende Wetter spielte natürlich eine Hauptrolle, da die meisten Veranstaltungen im Freien stattfanden.

Manfred Copony mit Corina sowie meine Tochter Anita und ich nahmen am Trachtenumzug des Sachsentreffens in der Trachtengruppe der HOG-Regionalgruppe Burzenland teil. Es war für uns eine sehr schöne und emotionale Erfahrung, bei diesem Trachtenumzug mitzumachen. Es erfüllte uns mit Stolz, Teil der siebenbürgischen Gemeinschaft zu sein und dieses in unserer Tracht und in einem so tollen Ambiente wie Hermannstadt zeigen zu dürfen.
Es gab während dieser Tage sehr schöne, informative, musikalische und emotionale Ereignisse und Veranstaltungen in Hermannstadt. Es war gar nicht möglich, überall dabei zu sein und allem beizuwohnen. Wir haben mitgenommen, was ging. Ob es die Tanzveranstaltungen der Volkstanzgruppen auf der Bühne waren, das gemeinsame Singen im Teutschhaus mit Angelika Meltzer und der „Lidertrun“, das Konzert der „Lidertrun“ im Demokratischen Forum oder die Platzkonzerte der Blaskapellen. Und eine Stadtführung durfte auch nicht fehlen. Nicht zuletzt der Gottesdienst am 4. August in der Stadtpfarrkirche, die prall gefüllt mit Landsleuten war, die dieses besondere Ereignis hier feiern wollten.
Anita und ich nahmen sogar an einem Volkstanzkurs in der Aula des Brukenthalgymnasiums teil, mit anschließender Besichtigung des ehrwürdigen Gymnasiums. Eine sehr beeindruckende und einmalige Gelegenheit bot sich uns im Thalia-Saal der Philharmonie, wo wir das 800 Jahre alte „Original Andreanum“, den Goldenen Freibrief, anschauen konnten. Der Freibrief, mit dem der ungarische König Andreas II. die Rechte der Einwanderer besiegelte, wurde anlässlich der Ausstellung „800 Jahre Andreanum“ gezeigt (bewacht von einem lebenden „Zinnsoldaten“). Nach der Veranstaltung konnte sich jeder Einzelne aus dem Publikum auf die Bühne begeben, am Andreanum Dokument vorbeigehen und es bewundern. Danach durften wir sogar in das Staatsarchiv mitlaufen und die beiden Herren mit der Truhe, in der das Andreanum aufbewahrt und transportiert wurde, begleiten. Wir sahen uns plötzlich in diesem Raum des Staatsarchivs wieder, in dem noch viele andere wertvolle Dokumente unsere Geschichte betreffend aufbewahrt werden.
Auf den Straßen Hermannstadts tobte der Bär. Man kam keine zehn Schritte vorwärts, ohne einen Bekannten zu treffen. Der Große Ring, der Kleine Ring, der Huetplatz, die Heltauergasse und die vielen Gaststätten der Altstadt waren voll mit Landsleuten, es wurde viel sächsisch gesprochen und gesungen.
Im Bischofspalais konnte man sich zwischendurch einfinden, um gegen eine kleine Spende einen Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen, oder sich zu Mittag mit einem „Brodelawend“ mit Hausbrot, oder mit einem Schmalzbrot, Vinetebrot oder Sakuskabrot zu stärken. Getränke waren hier ebenfalls zu bekommen und man konnte sich auf eigens dafür bereitgestellten Sitzmöglichkeiten vom vielen Gehen erholen.
Auf dem Großen und Kleinen Ring gab es viele Stände, die das Siebenbürgerherz sowohl in kultureller als auch in kulinarischer Hinsicht höherschlagen ließen. Das gastronomische Angebot lockte mit Mici, Holzfleisch, Spießen, Murături, gekochtem Mais, Baumstriezel und vielem mehr.
Die Gaststätten der Altstadt waren laufend gut besucht, es war oft schwierig, mit acht Leuten einen Platz zu finden. Aber es hat immer geklappt und wir konnten die lauen Sommerabende in Hermannstadt bis in die späten Abendstunden bei einem guten traditionellen Essen und einem erfrischenden Getränk genießen. Eines kam tatsächlich zu kurz in diesen Tagen: der Schlaf!
Nicht zuletzt und nicht weniger beeindruckend war das Konzert unseres Landsmanns Peter Maffay, der eine herrliche Stimmung auf den Großen Ring und in unsere Herzen gezaubert hat. Die Kulisse war einmalig, die Stimmung großartig. Schätzungsweise 16.000 Zuschauer sollen es gewesen sein, die dem Klang seiner Stimme gelauscht, mitgesungen und mitgetanzt haben.
Das war eine grobe Zusammenfassung dessen, wie wir Hermannstadt erlebt haben. Nach fünf Tagen Hermannstadt, vollgepackt mit Eindrücken, machten wir uns auf den Weg nach Kronstadt, wo wir eine weitere Woche verweilten, um noch mehr Schönes zu erleben. Thomas Șindilariu bot uns, auf unsere Bitte hin, eine besondere Stadtführung mit vielen geschichtlichen Hintergründen.
Schwerpunkt unseres Aufenthaltes in Kronstadt waren diesmal u.a. die Berge rund um Kronstadt, aber auch der Butschetsch (Bucegi) und Königstein. Die „Babele“ und die „Sphinx“ hatte ich noch nie zuvor gesehen. Das Helden-Kreuz am Caraiman, das größte Kreuz der Welt auf dieser Höhe, mussten wir uns erwandern und es hat sich gelohnt. Der Blick auf Bușteni und Sinaia und die Aussicht auf die umliegenden Berge waren bezaubernd. Die Zinne, den Hausberg Kronstadts, erklommen wir diesmal zu Fuß und wurden oben, auf der Aussichtsplattform, mit einem traumhaften Blick auf Kronstadt belohnt.
Auf den Schuler fuhren wir mit der Seilbahn und wanderten dann zum Gipfel, von wo aus wir wieder einen herrlichen Blick auf das gesamte Burzenland, unsere alte Heimat, hatten. Hier standen wir nun und konnten nicht anders: wir mussten das Burzenlandlied anstimmen.
Auf dem Marktplatz in Kronstadt kamen wir in den Genuss eines zweistündigen Konzertes, das die Burzenländer Projektkapelle Martin Thies den Passanten bot. Ich durfte das Platzkonzert von Manfreds Arbeitsstätte aus, den Räumlichkeiten des Kronstädter Bezirkskonsistoriums, mit herrlichem Blick auf den Marktplatz verfolgen. Traumhaft, Kronstadt so zu erleben!
Durch Kronstadt schlendern, einen Aperol auf dem Marktplatz, eine Ciorbă oder Mici in einer der vielen Gaststätten durften an keinem Tag fehlen. Die Spezialitäten in der Kondi mussten wir ebenfalls probieren. Wir erkundeten auch den Schlossberg und Bartholomae und genossen ein Orgelkonzert in der Schwarzen Kirche. Die Aussichten vom Schwarzen und Weißen Turm auf Kronstadt sind ein absolutes Muss, bei Tag, aber auch in der Abenddämmerung.

Brenndorf stand am Sonntag, dem 11. August, auf unserem Programm. Mittlerweile war auch Anitas Freund Teja zu uns gestoßen. Wir freuten uns sehr darauf, die bekannten Straßen unseres Heimatdorfes entlangzulaufen und unseren Heimatort auch Anitas Freund zu zeigen. Wir besuchten die Kirche, erklommen den Kirchturm, um einen schönen Rundumblick auf das Dorf zu genießen und gingen auf den Friedhof zu unseren Gräbern. Bei einem Kaffeeplausch bei Emilia Schuster im Hof erzählte diese uns bei einem leckeren Stück Schwarzwälder Kirschtorte u.a., wie es Rosi Schuster geht und wie ihre Betreuung derzeit gewährleistet ist. Der Zufall wollte es, dass an diesem Sonntag Rosi Schuster ihren 90. Geburtstag feiern durfte. Wir besuchten sie gemeinsam, Emilia nahm ein Stück Torte für Rositante mit. Wir freuten uns, sie in einem relativ guten gesundheitlichen Zustand anzutreffen. Wir sollen herzliche Grüße an alle Brenndörfer ausrichten.
Dietlinde Rhein