Den guten Geist der Gemeinschaft gelebt

Nachruf auf Pfarrer i.R. Helmut von Hochmeister

Die renovierte Kirche in Brenndorf wurde am 6. November 1977 in Anwesenheit von Bischof Albert Klein eingeweiht. Foto: Simon Thiess

Geboren wurde Helmut von Hochmeister am 2. März 1935 in Hermannstadt als zweites Kind des Pfarrers Helmut von Hochmeister sen. und der Anna geb. Miess. Er verbrachte Kindheit und Jugend mit der zwei Jahre älteren Schwester Sigrid auf den Pfarrhöfen von Langenthal, Hahnbach und Leschkirch.

In seinem Umfeld wurden Landsleute deportiert, enteignet und dieses Schicksal seines Volkes hat ihn zeitlebens geprägt und bewegt, als Pfarrer und Seelsorger zu wirken. Er studierte Theologie in Klausenburg und Hermannstadt und stellte sich 1957 in den Dienst der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien. Im Oktober 1957, während seines Vikariats in Agnetheln vom Bischof Friedrich Müller ordiniert, wirkte Helmut als Pfarrer der Gemeinden Felmern (1958-60), Kirchberg (1960-66) und Girelsau (1966-70).

Als sein Vater 1970 als Pfarrer in Brenndorf in Pension ging, wählte diese stattliche Gemeinde im Burzenland seinen Sohn Helmut jun. als Nachfolger, so dass sie weitere siebzehn Jahre von einem Pfarrer namens von Hochmeister betreut wurde. Es gab auch einen familiären Bezug der von Hochmeisters zu dieser burzenländischen Gemeinde, da der Großvater mütterlicherseits, Karl Miess aus Brenndorf stammte.

Helga und Helmut von Hochmeister im März 2005

Helmut heiratete am 8. November 1958 in Schirkanyen Helga geb. Gärtner. Helgas Vater Martin Gärtner und ihre Mutter Emma Katharina geb. Gross, Tochter des letzten deutschen Bürgermeisters von Schirkanyen, hatten einen Bauernhof betrieben, ehe die Deportation im Januar 1945 und die Enteignung durch das kommunistische Regime ihr Leben radikal veränderte.

Zwei Kinder entsprossen der Ehe Helmuts mit Helga: Helmut Albert, geb. 1959, und Ulrike Helga, geb. 1961, die fürsorgerlich und liebevoll aufwuchsen.

Helga von Hochmeister war in Siebenbürgen zeitweise als Hilfslehrerin tätig, um dann in ihrem Beruf als Konstrukteurin zu arbeiten. In den von Helmut betreuten Pfarrgemeinden war sie ihm stets eine große Stütze als Sängerin und Kirchenchorleiterin und darüber hinaus übernahm sie auch diakonische Gemeindeaufgaben.

In Brenndorf erlebte die Pfarrfamilie von Hochmeister mit dem Erdbeben vom März 1977 die schwerste Zeit. Kirche, Pfarrhaus und andere Häuser in der Gemeinde waren zum Teil schwer beschädigt. Der Kirchturm der Evangelischen Kirche geriet ins Schwanken und dadurch läuteten die Glocken, auch nachdem das Beben der Erde aufgehört hatte. Trotz der großen Hilfsbereitschaft vieler Gemeindeglieder, dem Organisationsgeschick des Pfarrers und einem vom Diakonischen Werk aus Deutschland geschenkten Gerüst dauerte die Behebung der Schäden bis in den Spätherbst 1977.

1987 siedelte Helmut mit seiner Familie in die Bundesrepublik Deutschland aus. Damit die Familie wieder zusammen sein konnte, blieben sie in Stuttgart, wo der Sohn Helmut jun., der zwei Jahre vorher nach Deutschland ausgereist war, mit seiner Familie wohnte. Wie schön war es für die Großeltern, nun die Enkelgeneration aufwachsen zu sehen, und zwar vier Enkel: Bruno, Helmut, Manuel und Andrea. Und in den letzten Jahren kamen noch zwei Urenkel dazu: Collien und Tristan. Gerne ist der Opa mit den Enkeln gewandert.

Beruflich sah es nicht so rosig für Helmut in Deutschland aus. Er wurde nicht in den Pfarrdienst übernommen, da eine Übereinkunft der Kirchenleitung in Siebenbürgen mit der Evangelischen Kirche in Deutschland bestand, ausgesiedelte siebenbürgische Pfarrer nicht einzustellen. Zeitweilig war er arbeitslos, dann Heimleiter in einem Heim für Asylsuchende, ehe er 1992 als Altenheim-Seelsorger mit Halbtagsauftrag im Dekanat Stuttgart-Zuffenhausen tätig war. Daneben hielt er Gottesdienste in verschiedenen Kirchen des Bezirkes, in der Vakaturzeit auch in der Stuttgarter Heilandskirche und übernahm Beerdigungen.

Helmut wirkte 30 Jahre lang als Pfarrer in Siebenbürgen und daher fühlte er sich der siebenbürgischen Gemeinschaft auch in der neuen Heimat verpflichtet: „Ich freue mich, eine Lücke zu füllen und gebraucht zu werden“, war seine Devise.

So hielt er viele Gottesdienste und Andachten bei landsmannschaftlichen Veranstaltungen. Besonders eng verbunden fühlte er sich der Heimatsortsgemeinschaft Brenndorf und ihrer Blaskapelle sowie der Heimatsortsgemeinschaft Hahnbach. Nicht unerwähnt darf sein musikalisches Talent bleiben, denn schon als Gymnasiast spielte Helmut von Hochmeister in der Blaskapelle und fühlte sich den Adjuvanten der jeweiligen Stätten seines Wirkens eng verbunden. Zeitweise war er Pressereferent der Siebenbürger Blaskapelle Stuttgart und spielte zudem Althorn in der Blaskapelle der Heimatsortsgemeinschaft Brenndorf bei vielen Veranstaltungen und Beerdigungen.

Für seinen langjährigen herausragenden Einsatz für alle Brenndörfer und für seine erfolgreiche Arbeit in der Landsmannschaft erhielt Helmut viel Anerkennung und wurde als „ein überaus positives Beispiel eines sächsischen Pfarrers“ bezeichnet. Er sei einer der wenigen Pfarrer oder Lehrer, die in der Landsmannschaft aktiv sind und „im wahrsten Sinne das Wortes auch mit anpacken“. Mit diesen Worten gratulierte Alfred Mrass, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg, dem 70-jährigen Jubilar, der 2005 stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Stuttgart war (Zitat aus dem Artikel „Der Gemeinschaft zutiefst verbunden: Pfarrer Helmut von Hochmeister wurde 70“, erschienen in den Briefen aus Brenndorf, Folge 59 von Pfingsten 2005).

Dankbar blickte damals der Jubilar auf das Leben in der Kirchengemeinde Brenndorf während seiner Amtszeit zurück und lobte den guten Geist der Glaubensgemeinschaft sowie die tatkräftige Verantwortung: „Mit großer Dankbarkeit darf ich es heute sagen: Es herrschte ein guter christlich-gemeinschaftlicher Geist. Die Gottesdienste und kirchlichen Veranstaltungen wurden – im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten – gut besucht, nicht nur an Feiertagen... Der christliche Geist der Versöhnung war lebendig. Man fand immer wieder zueinander und reichte sich die Hand, wenn man sich gelegentlich entzweit hatte“ (Zitat aus dem Artikel „Pfarrer von Hochmeister: Guter christlicher Geist in Brenndorf“, erschienen in den Briefen aus Brenndorf, Folge 59 von Pfingsten 2005).

Das Evangelium hat eine Versöhnungskraft und stiftet Frieden, schenkt uns Freude, Gelassenheit und auch die Gabe des Humors. So lange es die Gesundheit ihm erlaubte, nahm Helmut mit Helga oft an den Veranstaltungen der Stuttgarter Vortragsreihe teil. Wir trafen uns regelmäßig in einer Männerrunde mit dem Kronstädter Charly Dendorfer und dem Hermannstädter Horst Fleischer und diskutierten in geselliger Runde über „Gott und die Welt“. Ich schätzte an Helmut sein umfangreiches Wissen über die Geschichte der Evangelischen Kirche A.B. aus Rumänien. Er war ein wandelndes Lexikon und konnte stundenlang interessante Begebenheiten aus dem kirchlichen Leben in Siebenbürgen erzählen. Seine Erzählkunst bestand darin, dass er mit vielen Anekdoten und humorvollen Begebenheiten für Erheiterung sorgte.

Freude und Zuversicht, Kraft und Hoffnung schöpfte Helmut von Hochmeister sein Leben lang aus dem Glauben an den barmherzigen Gott, der in Jesus Mensch geworden ist, um uns nahe zu sein. Das Evangelium, die gute Nachricht von der vergebenden Sünderliebe Gottes ist eine Quelle der Stärke und vermag auch in schweren Stunden zu trösten.

Gesundheitlich ging es Helmut lange gut, dann kamen vor einigen Jahren die Beschwernisse des Alters. Beim Gehen hatte er Schmerzen. Es kamen weiter Leiden dazu, so dass es gut war, dass im Oktober 2022 ein Platz im Altenzentrum in Korntal für ihn frei war. Dort wurde er gut versorgt und Anfang Juni dieses Jahres ist seine Frau Helga auch eingezogen.

So konnte Helmut auch Krankheit und Leid in den letzten Monaten im Glauben überstehen. Seine Bitte um Erlösung von allen irdischen Nöten wurde am 12. Juli 2023 am Vormittag erhört, als er im Kreis seiner Familie in Frieden 88-jährig verstarb.

Am 19. Juli fand die Trauerfeier zur Feuerbestattung in der Stuttgarter Heilandskirche statt. Die beiden Kinder des Entschlafenen wirkten mit sowie der Stuttgarter Siebenbürgische Bläserkreis. Pfarrer Albrecht Hoch wies in seiner Ansprache auf einen Bericht hin, den der Verstorbene über seine Dienstzeit als Pfarrer für das Buch „Aus dem Schweigen der Vergangenheit“ (Band 1) verfasst hatte. Titel: „Heilung durch Erinnerung – Dank für die wunderbare Hilfe“. Und dazu hat er das Versprechen Jesu am Ende des Matthäusevangeliums gesetzt, ein Bibelwort, das ihn auch an der Wand im Zimmer im Altenzentrum Korntal bis zuletzt begleitete: Jesus verspricht, denen die ihm nachfolgen: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“ Mt. 28.20

Diese Zusage Jesu hat Helmut von Hochmeister auf seinem Lebensweg vielfach getröstet, aufgebaut und ausgerichtet. In dieser Zuversicht ist er entschlafen und ruht in Gottes Frieden. Der Herr lasse ihm sein ewiges Licht leuchten und schenke ihm das ewige Leben!

Pfr. i.R. Helmut Wolff

(Kirchliche Blätter, Hermannstadt, Heft Nr. 9/2023)