Gott nimmt die Angst von unseren Herzen

Weihnachtsgruß für die „Briefe aus Brenndorf“ 2021

 

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lukas 2,14)

 

„Angst macht uns alle zu Verbündeten.“ Zurzeit hat man das Gefühl, dass dieser Satz eine besondere Brisanz hat: Der allmorgendliche Blick auf die kontinuierlich steigenden Fallzahlen, die meist sehr persönlich geprägte Wahrnehmung, dass unsere Politiker „die Sache schleifen lassen“ und der insgeheime Groll gegen Leute, die jetzt nicht konform gehen wollen, schweißt irgendwie zusammen und setzt in den Gesprächen, wo immer sie geführt werden, viel Unfrieden und ein großes Maß an Polarisierung frei. Aber auch ohne Polarisierung gibt es genug Fragen: Man weiß schon fast nicht mehr, was man darf; man fragt sich, ob man diese oder jene Veranstaltung im letzten Moment nicht doch absagen muss; man blickt mit Bangen und Sorgen in die Zukunft. Und man mag es gar nicht wagen auszusprechen, was man befürchtet: ob und wie Weihnachten gefeiert werden kann.

Wir wissen also insgeheim, was Angst ist, und das verbindet uns in gewisser Weise – selbst dort, wo wir uns das nicht eingestehen wollen. Es verbindet uns in unseren Reaktionen auf Angst, im Umgang mit der Angst. Im schlimmsten Fall kann sie spalten: Familien, Freunde, die Gesellschaft; die Welt. Und im besten Fall kann sie der Treibstoff werden für Veränderung.

In unseren Tagen nehmen wir häufig das Wort „Krise“ in den Mund. In seiner ursprünglichen Verwendung – es kommt aus dem Griechischen – bedeutet es zweierlei: zum einen Unsicherheit, Zuspitzung einer bedenklichen Lage. So verwenden wir das Wort im Allgemeinen. Es kann aber auch Entscheidung; Wendepunkt bedeuten. Und das lernen wir gerade. Krise ist eine Situation, in der wir sagen: So kann es nicht weitergehen. Es muss etwas anders werden. Es muss sich etwas tun. Und es ist immer hilfreich, wenn wir in dem, was anders werden muss, uns selbst impliziert sehen. Nicht erst die anderen, sondern: wir selbst sind darin gefragt.

Und damit sind wir zumindest bei einer Teilantwort auf die Frage: „Was kann uns die Angst nehmen?“ Gegen die Angst kann man das Vertrauen setzen. Vertrauen als Veränderung. Nehmen wir doch die Chance wahr, in der Weihnachtsbotschaft so etwas wie eine vertrauensbildende Maßnahme zu sehen. In zwei Akten:

„Ehre sei Gott in der Höhe.“ Eine Rückbesinnung auf das Eigentliche und Wesentliche von Weihnachten kann guttun: Da macht sich einer auf, seine Herrlichkeit zu verlassen, um in mein Dunkel zu kommen. „Er wird ein Knecht und ich ein Herr; das mag ein Wechsel sein!“ heißt es in dem Lied EG 27. Und diesem Einen gebührt alle Ehre. Denn er nimmt die Angst von unseren Herzen.

Sie muss uns darum auch nicht mehr zu Verbündeten machen gegeneinander. Deswegen: „Friede sei auf Erden.“ Weihnachten ist der „Kriseneinsatz“ Gottes in dieser Welt, der uns sagt: so (ohne den Retter) kann es nicht mehr weitergehen. Es muss anders werden. Gott sei’s gedankt: Er hat das möglich gemacht. Zu Weihnachten. Deswegen: ein frohes und ein friedliches Fest!

Pfarrer Helmut Kramer